Meine Rede im Plenum des Landtags am 04.03.2021 zu TOP 13

Am gestrigen Plenartag habe ich zum Tagesordnungspunkt 13 „Die Imamausbildung in Nordrhein-Westfalen auf eine neue Grundlage stellen“ (Drucksache 17/12760) für die CDU-Fraktion gesprochen:

Dr. Marcus Optendrenk (CDU): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute beauftragen wir die Landesregierung, eine auf dem Boden des Grundgesetzes stehende Aus- und Weiterbildung von islamischen Geistlichen in Deutschland, in Nordrhein-Westfalen auf den Weg zu bringen.

Wir setzen dabei auf die enge Zusammenarbeit mit muslimischen Gemeinden und Verbänden. Auch wollen wir mit diesen ins Gespräch kommen, um zu überlegen, wie in Deutschland ausgebildete Imame neben ihrer geistlichen Tätigkeit in den Gemeinden auch für die Aufgaben im Sozial- und Bildungsbereich stärker eingesetzt werden können. Damit wird Nordrhein-Westfalen seiner Verantwortung für eine religionsfreundliche Politik auf dem Boden unseres Grundgesetzes gerade auch im Verhältnis zu den mehr als 1,3 Millionen hier lebenden Muslimen gerecht.

Die heutige Debatte ist ein guter Anlass, mit einigen Worten aber auch grundsätzlich auf das Verhältnis zwischen Staat und Religion einzugehen. Denn auf den ersten Blick könnte bei dem hier vorliegenden Antrag ja die Frage auftauchen: Warum kümmert sich eigentlich Landespolitik um die Frage der Ausbildung von Imamen? Ist das nicht ausschließlich die Angelegenheit der Religionsgemeinschaft?

Seit Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung vor gut 100 Jahren sprechen wir in Deutschland von einer auf Kooperation angelegten Trennung von Staat und Kirche. Diese Kooperation drückt sich beispielsweise darin aus, dass es in Art. 7 Abs. 3 des Grundgesetzes eine Verankerung des Rechtes auf Religionsunterricht in der Verfassung gibt.

Daraus folgt: Der Staat muss in Zusammenarbeit mit den Religionsgemeinschaften sowohl diesen Unterricht organisieren als auch die Grundlagen dafür schaffen, dass die unterschiedlichen religiösen Bekenntnisse an den Universitäten ausgebildet und abgebildet werden können. Die pastorale, die praktische Ausbildung der Geistlichen erfolgt natürlich nicht durch den Staat, sondern in dieser Trennungskonstellation durch die Religionsgemeinschaften selbst. Das ist eben nicht Teil staatlicher Ausbildungs- oder Bildungsangebote.

Aber so neutral der Staat selbst in Bezug auf die Religionsausübung ist, so religionsfreundlich hat er zu handeln. Das ist letztlich auch Ausfluss der Präambel unseres Grundgesetzes, in der bewusst von der Verantwortung vor Gott und den Menschen die Rede ist. Zwar ist es jedem Menschen freigestellt, ob er glaubt, was er glaubt und wie er glaubt, aber wir als Vertreter des Staates haben aber die Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen Religionsausübung möglich ist. Das gilt auch angesichts der Vielfalt des religiösen Lebens in Nordrhein-Westfalen. 70 % der hier lebenden Menschen gehören der Katholischen oder der Evangelischen Kirche an; die mehr als 1,3 Millionen Muslime habe ich schon erwähnt. Glücklicherweise gibt es auch eine namhafte Zahl jüdischer Gemeinden in Nordrhein-Westfalen. Sie schauen in unserem Jahr 2021 bekanntlich auf eine 1700-jährige Tradition zurück.

Alle drei Weltreligionen begegnen sich auch bei uns in Nordrhein-Westfalen. Deshalb ist es mir ein Anliegen, bewusst an Lessings Drama „Nathan der Weise“ zu erinnern, das 1783 in Berlin uraufgeführt worden ist. Im Mittelpunkt des Dramas steht die Ringparabel. In ihr erklärt der jüdische Kaufmann Nathan dem muslimischen Sultan die Gleichwertigkeit von Judentum, Christentum und Islam. Alle drei monotheistischen Weltreligionen gehören zu einer Familie, sie sind untrennbar miteinander verbunden. Wenn wir uns dessen bewusst sind, dann ist es auch nur folgerichtig, dass sich das Land auch um die Imamausbildung im christlichen Abendland kümmern sollte. Wir wollen, dass Religionslehrer, Geistliche und religionskundige Menschen die eigene Religion lehren und die anderen Religionen genauso achten. Religiöse Vielfalt braucht Toleranz und Miteinander von allen Seiten.

Genau deshalb wollen wir die Imamausbildung in Nordrhein-Westfalen auf eine neue Grundlage stellen. Es geht im Interesse der hier lebenden Menschen nicht zuletzt darum, dass islamische Geistliche in unserer deutschen Sprache ihre Religion vermitteln können. Sie sollen möglichst in unserer Gesellschaft sozialisiert und aufgewachsen sein wie die Gläubigen, denen sie den Glauben vermitteln und erläutern. Hier ist die Ausbildung in Deutschland eine wichtige Hilfe.

Eine Religionspolitik nach den Grundsätzen von Frieden, Freiheit und gegenseitiger Rücksichtnahme, aber immer auch mit Verantwortung für das Ganze – das ist der Leitgedanke des heutigen Antrags, für den ich Sie um Zustimmung bitte. – Herzlichen Dank.

Die vollständige Rede finden Sie auch hier: Rede_TOP13_04.03.2021

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