Glückspielregulierung – Von den Würfelspielen der Römer bis zum Online-Casino in Gibraltar

Meine Rede aus der heutigen Plenardebatte zum Glücksspielstaatsvertrag finden Sie hier:

„Wir beginnen heute die Beratung eines Staatsvertrages, der das Glücksspiel in Deutschland neu ordnen, regulieren und begrenzen soll. In diesem Vertragswerk finden sich zu fast allen Themen des Glückspielrechts Regelungen und Ausnahmen, Erläuterungen und – fast zwingend – Anknüpfungspunkte für viele neue Fragen. Alleine der Begriff „Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrag“ macht deutlich, wie kompliziert es war, sich unter den 16 Bundesländern auf einen gemeinsamen Text zu einigen. Aber was ist eigentlich neu?

Die Geschichte des Glücksspiels ist fast so alt wie die Geschichte der Menschheit. Schon vor mehr als 5000 Jahren wurde das Glück auf die Probe gestellt, und zwar beim Würfeln. Vermutlich ist schon damals der Versuch durch die Obrigkeit gestartet worden, hier regulierend einzugreifen. Es ist uns nur nicht überliefert. Sehr breit ist die Überlieferung hingegen aus dem alten Rom. Hier wurde der Würfelspieler (Aleator) allerdings nicht gerade zu den gehobenen gesellschaftlichen Schichten gezählt. Dennoch vergnügten sich auch die römischen Kaiser bei Glücksspielen. Kur- und Heilorte waren schon in der Antike bevorzugte Spielorte. Denn das Spiel diente ja – wie heute – auch der Entspannung, Abwechslung und Geselligkeit. Und von den Germanen wissen wir dank der Überlieferung des römischen Schriftstellers Tacitus, dass sie es mit dem Würfelspiel ganz besonders ernst nahmen und wohl eine besondere Leidenschaft an den Tag legten.

Im Mittelalter gab es ebenfalls unterschiedlichste Varianten des Glücksspiels – und der Versuche, dieses zu regulieren. Das reichte von völligen Verboten von Glückspielen, der kirchlichen Ächtung als Spiel mit dem Teufel bis hin zur Legalisierung von ansonsten verbotenen Spielen an besonders konzessionierten Spielorten. Vielfach gab es dazu für die höfische Oberschicht „Spielhäuser“, während sich die einfachen Leute in Wirtshäusern trafen. Es ist kein Zufall, dass die Betreiber solcher Einrichtungen Genehmigungen der staatlichen Obrigkeit brauchten und häufig auch selbst Gewähr für die Ordnungsmäßigkeit der Spielabwicklung übernehmen mussten. Und: auch das kommt uns bekannt vor: die Betreiber mussten Steuern oder Abgaben zahlen.

Hier begegnen uns Fragen, die auch uns heute vertraut sind. Es geht zum einen um die Kanalisierung des in fast allen Menschen vorhandenen Spieltriebes. Dieses Interesse am Spiel ist beim Glücksspiel zumeist auch mit dem Anliegen verbunden, seine eigene Situation durch einen glücklichen Zufall sprunghaft zu verbessern. Viele Menschen neigen dazu, für einen solchen Zufallstreffer hohe Risiken einzugehen. Dieses Risiko sollte – und soll – daher begrenzt werden.

Es geht aber auch darum, illegale Angebote des Glücksspiels möglichst weit zurück zu drängen. Dazu gestattete man staatlich genehmigte Glücksspielangebote.

Und damit der chronisch klamme Fiskus daran auch seine Freude hatte, erhob man im Gegenzug Steuern, Gebühren und Abgaben in unterschiedlicher Höhe.

So gewinnt neben dem Betreiber des Glücksspielangebotes und – manchmal – dem Spieler immer auch der staatliche Haushalt. Ein Unterschied zu früher besteht allerdings heute darin, dass ein erheblicher Teil der Einnahmen für gesellschafts- und sozialpolitische Zwecke wieder ausgeschüttet wird.

Wenn wir also in den nächsten Monaten den heute eingebrachten Staatsvertrag und das noch folgende Ausführungsgesetz beraten, dann führen wir im Kern die gleichen Diskussionen wie viele Generationen vor uns.

Einen Unterschied gibt es allerdings schon: die alten Römer hätten sich trotz ihres Weltreiches rund um das Mittelmeer nicht vorstellen können, dass die spielwütigen Germanen sich mit Hilfe elektronischer Geräte mühelos jederzeit von zu Hause aus auch durch illegale Spieleanbieter aus Malta, Gibraltar oder Zypern um ihr Geld bringen lassen können.

Das zu unterbinden, ist nun eine der Aufgaben der Gesetzgeber des 21. Jahrhunderts. Damit bin ich wieder in der Gegenwart angekommen. Ich freue mich auf die bevorstehenden Beratungen.“

Sie finden die Rede hier auch im PDF-Format: Rede – Dr. Optendrenk – 12.11.2020